Zum Start des Wintersemesters 2016|17 hatte der Fachbereich Gestaltung der Folkwang Universität der Künste, die Bezirksvertretung des Stadtbezirks VI Zollverein und das Projektbüro Grüne Hauptstadt Europas – Essen 2017 das Projekt »Unten durch« ins Leben gerufen. Ziel des Projektes war es, die unbeliebte Unterführung an der Arendahls Wiese am Welterbe Zollverein partizipativ-gestalterisch mit den Bürger*innen des Stadtbezirks neu zu denken und neu zu gestalten.
Dieser Ort war und ist nun kein unbeliebter Durchgangsweg im Stadtbezirk VI Zollverein mehr, trotzdem wurde er schon immer häufig von Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen genutzt. Im September 2017 zogen die Folkwang Gestalter*innen in das neue Gebäude auf Zollverein in unmittelbarer Nähe. Daher wollten sie gemeinsam mit Anwohnenden und Nutzenden, diesem Ort, der in vielerlei Hinsicht als Knotenpunkt verstanden wird, eine attraktivere Gestalt geben.
Für ein halbes Jahr hatte das Team zu verschiedenen Veranstaltungen geladen um Anwohner*innen im Umgestaltungsprozess der Unterführung direkt am Folkwang-Neubau zu beteiligen.
Am sogenannten »Tunnelsprechtag« traf sich das Team mit den Bürger*innen, um gemeinsame Konzepte und Ideen zu erarbeiten. Fast 30 Anwohner*innen und Stadtakteur*innen, sowie einige Studierende folgten der Einladung zum Tunnelsprechtag und beteiligten sich rege. Es wurden einige Umgestaltungsideen und Wünsche ausgedrückt, die ein hervorragendes und inspirierendes Fundament für das weitere Vorgehen boten. In kleinen Gruppen wurden Utopien rund um die Unterführung gesponnen, wie z. B. die Utopie eines Tunnelsoundtracks, der vom Wind des Zuges angetrieben wird. Außerdem wurden Bilder entwickelt, die nur von einem bestimmten Punkt in der Unterführung zu erkennen sind und die Tunnelbesucher*innen beispielsweise zu dem sympathischen, nahe gelegenen Wald locken.
Auch mit Schüler*innen zwischen 5 und 10 Jahren wurde gearbeitet. Es wurde erprobt, wie sich ein guter Tunnel anfühlt und wie ein böser, was ein höflicher Tunnel zu seinen Besucher*innen sagt, wie steif so ein Tunnel aus Eis ist, wie es sich anfühlt, wenn die Tunnelwände immer näher kommen und wie ein fröhlicher Tunnel oder ein böser Tunnel eigentlich im Inneren aussieht.
Ebenso zogen die Gestalter*innen in einen Container direkt neben der Unterführung, um vor Ort mit den Nutzenden ins Gespräch zu kommen und Ideen festzuhalten. Auf diese Weise wurde sich viel Unterhalten, gegenseitig spannende Orte im Bezirk gezeigt, Geschichten zu diesen erzählt, gebastelt, gezeichnet, spaziert und geschrieben.
Am 4.3.17, kurz vor Ende der Konzeptphase, trafen sich Anwohnende und Folkwang-Gestalter*innen zu vier unterschiedlichen Spaziergängen – dem »Tunnelwalk«. Hier zeigte man sich gegenseitig spannende, wichtige und/oder inspirierende Orte, erzählte sich Geschichten, sammelte Erfahrungen, markierte wichtige Punkte auf einer Karte und hielt sie fotografisch fest. Nach den Spaziergängen trafen sich die Gruppen wieder, um bei Kaffee und Kuchen von den anderen Routen berichtet zu bekommen und von ihrer eigenen Tour durch den Stadtbezirk zu erzählen.
Die Konzeptphase endete im April. Dann wurden die Entwürfe, die wir in allen Phasen gemacht hatten, offiziell den Sponsor*innen und der Bezirksvertretung von Essen Zollverein übergeben, damit sie die endgültige Entscheidung treffen und mit der Umsetzung beginnen konnten.
Sie entschieden sich für den „Strudel“. Ein Design, das zu besonderen Orten in der Gegend führt.
Die Menschen im Bezirk sind sehr unterschiedlich und auch die Nutzer*innen der Unterführung haben unterschiedliche Ziele und dennoch nutzen sie alle Teile des gleichen Weges. Der Tunnel, der als Nadelöhr gesehen werden kann, mischt die verschiedenen Wege in einem Strudel und führt auf einem anderen Weg zu einem anderen Ziel.
Die Pfade in den Stadtteil hinein wurden leider nie umgesetzt.
Der endgültige Entwurf für die Neugestaltung des Tunnels wurde am 13. Mai im Rahmen des 10-jährigen Jubiläums von „Kon-Takt“, dem Bürgerhaus des Landkreises, der Öffentlichkeit vorgestellt.
Nach einem halben Jahr der Umsetzung wurde die Unterführung am 11.12.17 offiziell eröffnet. Trotz eines halben Meter Neuschnee trafen sich mehrere Bewohner*innen, Mitglieder des Stadtteils und des mobilen Teecafés „Mobilitea“ bei „Kon-Takt“, um das Ergebnis bei einem Spaziergang zu begutachten. Danach kamen wir noch einmal gemütlich am Grill mit Glühwein zusammen.